Milchsäurebakterien in der Scheide und ihr Einfluss auf eine gesunde Vaginalflora
Als „Vaginalflora“ oder „Vaginalmikrobiom“ wird die natürliche Besiedelung der Scheide mit nützlichen Bakterien bezeichnet. Milchsäurebakterien, so genannte „Laktobazillen“, sind die wichtigsten Bakterien der Scheidenflora. Etwa 70 Prozent der Bakterien im Vaginalmikrobiom gehören zur Gruppe dieser Milchsäurebakterien. In einem Milliliter Scheidenflüssigkeit sind rund eine Milliarde Mikroorganismen enthalten.
Man kennt mehr als 200 Laktobazillusarten, die nicht nur in und auf uns Menschen vorkommen, sondern die auch eingesetzt werden, um Joghurt, Kefir, Quark oder Käse herzustellen. In der weiblichen Scheide findet man aber nur ein paar wenige davon. Bei gesunden Frauen lassen sich meistens nur fünf bis acht unterschiedliche Stämme von Milchsäurebakterien in der Scheide nachweisen. Typische Bakterien des Vaginalmikrobioms sind Lactobacillus crispatus, Lactobacillus fermentum, Lactobacillus iners, Lactobacillus gasseri und Lactobacillus jensenii. Auch Lactobacillus rhamnosus und Lactobacillus reuteri sind geeignet, für ein gesundes Vaginalmilieu zu sorgen.
Laktobazillen wichtig für den Säureschutzmantel
In der Scheide der erwachsenen Frau sorgen Laktobazillen für ein gesundes Vaginalmilieu. „Gesund“ bedeutet, dass ausreichend Laktobazillen vorhanden sind, die Milchsäure bilden können und dadurch den pH-Wert, einen Messwert für den Säuregehalt, auf unter 4,5 senken können. Dieser niedrige pH-Wert ist für Deine Scheide besonders wichtig, denn dadurch wird verhindert, dass sich Krankheitserreger in Deinem Genitalbereich ansiedeln können. Um das säuerliche Scheidenmilieu zu erhalten, wandeln Bakterien wie Lactobacillus crispatus oder Lactobacillus jensenii das Kohlenhydrat Glykogen in Milchsäure um und bauen dadurch den Säureschutzmantel der Vagina auf. In dieser sauren Umgebung können sich nur Bakterien ausbreiten, die zur gesunden, physiologischen Vaginalflora gehören. Pilze und viele krankmachende Mikroorganismen finden dann keine idealen Lebensbedingungen vor.
Milchsäurebakterien der Scheide schützen vor Infektionen
Milchsäurebakterien sorgen nicht nur für einen sauren pH-Wert in der Scheide. Zur Abwehr unerwünschter Keime können Laktobazillen außerdem sogenannte Bacteriocine bilden. Bacteriocine sind „Waffen“ der Mikroorganismen, die sie gezielt gegen unerwünschte Bakterien oder Pilze einsetzen können, um Dich so vor Infektionen der Scheide zu schützen. In Verbindung mit der Milchsäure ergibt dies einen wichtigen Schutzschirm für die Scheide, die Harnblase und die Gebärmutter gegen Fremdkeime. Unter den Fremdkeimen sind auch Erreger von Harnwegsinfekten. Sind ausreichend dieser nützlichen Milchsäurebakterien in der Scheide vorhanden, dann senken sie sogar das Risiko für Geschlechtskrankheiten und Harnwegsinfekte. Frauen mit einem Lactobacillus-armen Scheidenmikrobiom sind anfälliger für Blasenentzündungen als Frauen mit einem Lactobacillus-reichen Vaginalmikrobiom.
Milchsäurebakterien sind wichtig für Fruchtbarkeit und Schwangerschaft
Besonders wichtig ist dieser Laktobazillen-Schutz in der Schwangerschaft. Denn dann gilt es, auch das Ungeborene vor Keimen, die aus der Scheide in die Gebärmutter wandern können („aufsteigenden Infektionen“) zu schützen. Laktobazillen helfen sowohl schwanger zu werden als auch die Schwangerschaft bis zum Ende auszutragen. Fehlen schützende Milchsäurebakterien in der Scheide, kann das deshalb sogar Deine Fruchtbarkeit beeinträchtigen. Und auch im Rahmen einer Kinderwunschbehandlung sollte dem vaginalen Mikrobiom und den Laktobazillen in der Gebärmutter ausreichend Beachtung geschenkt werden. Eine Verbesserung des Vaginalmikrobioms kann in diesem Fall die Fruchtbarkeit erhöhen.
Infografik: Milchsäurebakterien in der Scheide - Allround-Talent für Deine Intimgesundheit
Gründe, weshalb Laktobazillen in Deiner Scheide fehlen können
Besonders häufig sind Antibiotika schuld an einem Mangel an Milchsäurebakterien in der Scheide. Diese bekämpfen nicht nur gezielt unerwünschte Krankheitserreger, sondern töten auch gesunde und nützliche Bakterien ab. Laktobazillen sind leider sehr empfindlich gegenüber Antibiotika. Deshalb können Antibiotika auch Deine Scheidenflora negativ beeinflussen und die wichtigen Milchsäurebakterien dezimieren. Oft breiten sich, wenn die schützenden Bakterien fehlen, auch Hefepilze in der Scheide aus. Je nachdem, welche Präparate zur Behandlung der Pilzinfektion eingesetzt werden, kann sich die Zahl der Laktobazillen noch weiter reduzieren, denn einige Anti-Pilz-Mittel wirken nicht nur gegen Pilze, sondern sind auch antibakteriell wirksam. Ebenso können spermizide, also Spermien abtötende, Verhütungsmittel Laktobazillen schädigen.
In den Wechseljahren verändert sich die Scheidenschleimhaut. Durch den Östrogenmangel lagern die Zellen weniger Glykogen, das „Futter“ für die Milchsäurebakterien der Scheide, ein. Dadurch geht den Laktobazillen die Energie aus. Und auch die regelmäßige Anwendung von Intimsprays, Deos oder die Reinigung des Intimbereichs mit alkalischen Seifen ist nicht gut fürs Scheidenmilieu.
Warum Joghurt-Tampons nicht geeignet sind, das Vaginalmikrobiom aufzubauen
In Social Media Posts oder in naturheilkundlichen Beiträgen wird gelegentlich empfohlen, bei Pilzerkrankungen, Harnwegsinfekten oder einem gestörten Vaginalmikrobiom Tampons mit Naturjoghurt zu verwenden. Tatsächlich sind im Joghurt Laktobazillen enthalten und deshalb klingt es zunächst logisch, fehlende Laktobazillen mit Joghurttampons zuzuführen. Doch die Milchsäurebakterien in der Scheide und im Joghurt sind nicht dieselben. Zur Joghurtherstellung werden in der Regel Bakterien wie Streptococcus thermophilus und Lactobacillus bulgaricus eingesetzt. Bei Joghurt "mild" wird Lactobacillus bulgaricus häufig durch den Stamm Lactobacillus acidophilus ersetzt. Die Milchsäurebakterien, die Deine Vagina benötigt, sind darin nicht enthalten. In Milchprodukten können auch Schimmel- oder Hefepilze enthalten sein, die Du mit dem Joghurt dann auch in Deine Scheide transportieren würdest. Im ungünstigsten Fall können die „falschen“ Joghurtbakterien die vorhandenen Laktobazillen verdrängen und den Zustand Deines Vaginalmikrobioms weiter verschlechtern.
So baust Du Dein Vaginalmikrobiom wieder nachhaltig auf
- Reinige den Intimbereich nur mit klarem Wasser oder extra dafür ausgewiesene Produkte.
- Wenn Laktobazillen im Mikrobiom fehlen, führe diese zu. Das kann man mit Hilfe lokal anwendbarer Kapseln oder Zäpfchen machen. Eleganter und einfacher ist aber die Einnahme der entsprechenden Bakterien. Da Darm und Scheide in einer engen räumlichen Verbindung stehen, tauschen diese beiden Körperregionen auch Bakterien aus. Studien zeigen, dass sich das Vaginalmikrobiom durch die Einnahme von Laktobazillen-Stämmen, die in der Scheide vorkommen, verbessern lässt.
- Wie gut es Deinem Scheidenmikrobiom aktuell geht, kannst Du mit Hilfe einer Analyse des Vaginalmikrobioms herausfinden.