Kinderwunsch - eine gesunde Scheidenflora unterstützt die Fruchtbarkeit
In der Scheide der erwachsenen Frau sorgen unterschiedliche Milchsäurebakterien für ein gesundes Vaginalmilieu. Dieses Ökosystem trägt ganz entscheidend dazu bei, Deinen Intimbereich gesund zu erhalten, denn die in großer Zahl vorhandenen Bakterien, vor allem Lactobazillen, senken den vaginalen pH-Wert in einen sauren Bereich und produzieren so genannte „Bacteriocine“. Bacteriocine sind „Waffen“ der Mikroorganismen, die sie gezielt gegen unerwünschte Bakterien oder Pilze einsetzen können, um Dich so vor Infektionen der Scheide zu schützen. Sind in der Scheidenflora der Vagina ausreichend dieser nützlichen Milchsäurebakterien vorhanden, dann senken sie sogar das Risiko für Geschlechtskrankheiten und Harnwegsinfekte.
Scheidenmikrobiom – ein gefährdetes Ökosystem
Das vaginale Mikrobiom verändert sich im Laufe des Lebens und durch Umwelteinflüsse. Dein Lebensstil ist deshalb auch zum Teil dafür verantwortlich, wie gut oder schlecht es den Bakterien im Intimbereich geht. Brennen, Juckreiz oder Ausfluss können darauf hinweisen, dass Dein schützendes Mikrobiom etwas Unterstützung benötigt. Verantwortlich für Mikrobiomveränderungen können hormonelle Einflüsse sein. Schwangerschaft und Stillzeit, die Einnahme der Pille oder von Hormonen gegen Wechseljahresbeschwerden wirken sich ebenfalls auf die Zusammensetzung Deiner Scheidenflora aus. Antibiotika töten nicht nur unerwünschte Bakterien ab, sondern reduzieren gleichzeitig auch die nützlichen Lactobazillen, wodurch die Vaginalschleimhaut ihren natürlichen Schutz vor Infektionen mit Pilzen oder unerwünschten Bakterien verliert. Nach einer Antibiotikatherapie sollte deshalb nicht nur die Darmflora, sondern auch die Scheidenflora mit probiotischen Bakterien wieder aufgebaut werden. Vorsichtig solltest Du mit Vaginalduschen und übertriebener Reinigung des Intimbereichs sein, denn auch dadurch kann das natürliche Ökosystem der Scheide Schaden nehmen.
Gestörte Scheidenflora hat Einfluss auf Fruchtbarkeit
Milchsäurebakterien findet man nicht nur in Deiner Scheide, sondern auch in der Gebärmutter (Uterus). Untersuchungen gesunder Frauen zeigen, dass Milchsäurebakterien dort die mit Abstand am häufigsten vorkommenden Mikroorganismen sind. Mehr als 90% der nachgewiesenen Keime zählten zur Gruppe der Lactobazillen. Wie kommen die Bakterien in die Gebärmutter? Sie wandern aus der Scheide dort hin. Ist die Scheidenflora gesund, dann stärkt das automatisch auch das Mikrobiom des Uterus.
Und dieses Gebärmutter-Mikrobiom beeinflusst, wie man erst seit Kurzem weiß, die Einnistung des Embryos und auch den weiteren Verlauf der Schwangerschaft ganz entscheidend. Lactobazillen helfen also, schwanger zu werden und auch die Schwangerschaft bis zum Ende auszutragen.
Fehlen schützende Milchsäurebakterien, kann das deshalb sogar Deine Fruchtbarkeit beeinträchtigen. Und auch im Rahmen einer Kinderwunschbehandlung sollte deshalb dem vaginalen Mikrobiom und den Lactobazillen in der Gebärmutter ausreichend Beachtung geschenkt werden.
Lactobazillen verbessern Erfolg einer Kinderwunschbehandlung
Studien zeigen, dass das die Erfolgsaussichten einer Kinderwunschbehandlung sich ganz deutlich erhöhen, wenn das Mikrobiom der Scheide und der Gebärmutter gesund ist. Bei einer Störung der Bakterien in der Scheidenflora und einem Mangel an Milchsäurebakterien nistete sich der Embryo nicht so häufig ein und es traten mehr Fehlgeburten auf. Herrschten im Mikrobiom hingegen die Milchsäurebakterien vor, dann kam es bereits bei der ersten künstlichen Befruchtung in mehr als 60% zu einer erfolgreichen Einnistung des Embryos. Fehlten Lactobazillen, dann gelang das nur bei 23,1% der Frauen. Noch deutlicher sind die Ergebnisse bei den Geburten. Fast 60% der Frauen mit vielen Milchsäurebakterien in der Gebärmutter brachten ihr Kind sicher auf die Welt. Bei einer milchsäurebakterienarmen Scheidenflora reduzierte sich der Anteil auf 6,7%.
Wichtig: Die Wahl geeigneter Bakterien
Probiotische Milchsäurebakterien sind inzwischen eine Option bei Infektionen der Scheide und können in manchen Fällen auch die Anwendung von Antibiotika ersetzen.
Bei der Wahl der Probiotika zum Aufbau der Scheidenflora hängt die Wirksamkeit von verschiedenen Faktoren ab, die Du beachten solltest. Eine wichtige Rolle spielen vor allem die enthaltenen Bakterienstämme sowie die Art der Anwendung, also ob Du die Bakterienkapsel direkt in der Scheide anwendest oder einnimmst und dadurch auf indirektem Weg auch die Scheidenflora stärkst. Besonders gut siedeln sich offensichtlich die Stämme Lactobazillus reuteri und Lactobacillus rhamnosus an, stellte ein indisches Forscherteam fest. Wurden die Bakterien direkt in die Scheide eingebracht, dann waren Sie auch nach fast drei Wochen noch nachweisbar. Diesen Bakterien fällt es leicht, sich an die Schleimhautzellen in der Scheide und in der Harnröhre anzuheften. Dort können sie dann für einen sauren pH-Wert sorgen und schädliche Mikroorganismen verdrängen. Diese Bakterienstämme waren in Studien aber auch bei Einnahme der Probiotikakapseln wirksam. Andere Bakterien sind möglicherweise weniger gut geeignet, das Scheidenmilieu zu verbessern. Lactobacillus acidophilus siedelt sich, Studien zufolge, nicht ausreichend lang in der Scheide an und produziert auch kein Wasserstoffperoxid. Wasserstoffperoxid kann andere Bakterien abtöten und somit den Intimbereich vor Infekten schützen. Doch nur einige Milchsäurebakterien wie Lactobacillus reuteri, Lactobacillus crispatus, Lactobacillus jensenii oder Lactobacillus fermentum bilden ausreichende Mengen „Abwehrstoffe“. Das erklärt wahrscheinlich auch, weshalb in Studien die Gabe von L. acidophilus das Wiederauftreten von Infektionen der Scheide und der Harnblase nicht verhindern konnten.
Wie führe ich nützliche Lactobazillen zu?
Kapseln mit Milchsäurebakterien können sowohl eingenommen als auch lokal in der Scheide angewendet werden. In beiden Fällen wird sich Dein bakterielles Scheidenmilieu verbessern. Mit der Anwendung in der Scheide kannst Du größere Mengen der Lactobazillen direkt vor Ort ansiedeln. Bei der Einnahme siedeln sich die probiotischen Bakterien im Darm an und besiedeln von dort aus die Vagina. Es ist aber auch möglich Kapseln einzunehmen und gleichzeitig auch lokal anzuwenden.
Milchsäurebakterien werden nicht nur in der Komplementärmedizin, sondern schon lange auch in der Schulmedizin eingesetzt, um Infektionen vorzubeugen oder zu behandeln. Müssen Antibiotika genommen werden, stabilisieren Milchsäurebakterien das Ökosystem von Darm und Scheide. Und die Wirksamkeit nimmt nicht ab, wenn Du Lactobazillen längerfristig anwendest, sondern Du pflegst damit die Schleimhaut Deines Intimbereichs.
Quellen & zum Weiterlesen
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