ADHS – welchen Einfluss haben die Ernährung und Nährstoffe?
Tobias rutscht unruhig auf seinem Stuhl hin und her. Auf die Matheaufgaben, die vor ihm liegen, kann er sich nur schwer konzentrieren. Vielmehr verspürt er den Drang, aufzustehen und sich zu bewegen. So wie Tobias geht es schätzungsweise 2 bis 6 % aller Kinder und Jugendlichen mit der Diagnose Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS). Auf der Suche nach begleitenden Maßnahmen stoßen Eltern wiederholt auf spezielle Nährstoffe bei ADHS.
Doch wie vielversprechend sind diese und welche Ernährungstipps gibt es für Kinder mit dem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom?
ADHS: eine Verhaltensstörung, die besondere Aufmerksamkeit braucht
Bei der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung, kurz ADHS, handelt es sich um eine Verhaltensstörung, die bei Kindern und Jugendlichen auftritt – sie kann auch im Erwachsenenalter weiter bestehen. Mediziner sprechen dann von ADHS, wenn Kinder auffällig unaufmerksam, hyperaktiv und impulsiv im Alltag agieren. Ist die Verhaltensstörung stark ausgeprägt, kann sie das Leben des Kindes, aber auch der Eltern und Geschwister bedeutend belasten. Der Nachwuchs kann im Kindergarten, in der Schule oder in Sportvereinen anecken – das liegt unter anderem daran, dass betroffene Kinder sehr unruhig sind und sich häufig nicht an Regeln halten. Manche Kinder mit ADHS fallen durch ihr Sozialverhalten auf, Ängste und depressive Episoden schleichen sich dann beispielsweise in den Alltag ein. Generell gilt: Kinder mit ADHS brauchen viel Aufmerksamkeit. Die Ursachen der Verhaltensstörung sind nicht vollständig geklärt. Neben einer genetischen Veranlagung scheint auch ein veränderter Transport des Botenstoffs Dopamin an den gehirneigenen Nervenzellen eine Rolle zu spielen. Außerdem diskutieren Experten, ob ADHS eine Folge von Reizüberflutung und einer starken Leistungsorientierung in der Gesellschaft ist.
Infografik: ADHS bei Kindern in Zahlen
ADHS bei Kindern: diese Symptome deuten auf die Verhaltensstörung hin
Kinder mit einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung zeigen Auffälligkeiten in drei verschiedenen Kernbereichen. Sie haben erstens ausgeprägte starke Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen, zeigen zweitens eine starke Impulsivität und verspüren drittens eine ausgeprägte körperliche Unruhe. Wie sich die Kernsymptome im Alltag äußern können, ist unterschiedlich. Folgende Tabelle zeigt Dir, worauf Du achten kannst.
Infografik: ADHS bei Kindern - Symptome
Sich nur auf die Schwächen zu konzentrieren, wird Deinem Kind nicht gerecht. Viele Betroffene haben besondere Fähigkeiten – sie sind beispielsweise durch ihre Impulsivität sehr flexibel oder kreativ.
Nährstoffmangel als Ursache für ADHS?
Dass ein Mangel an bestimmten Nährstoffen zu ADHS führt, soweit würden wir nicht gehen. Allerdings gibt es einige Studien, die einen Zusammenhang zwischen der Verhaltensstörung und reduzierten Spiegeln an Mineralstoffen und Vitaminen im Blut aufdecken. So haben norwegische Forscher bei Menschen mit ADHS im Alter zwischen 18 und 40 Jahren festgestellt, dass sie niedrigere Werte mit Blick auf Vitamin B2, B6 und B9 aufwiesen als die Vergleichsgruppe ohne ADHS. Eine andere Forschergruppe belegte bei Kindern und Jugendlichen mit ADHS, dass der Vitamin-D-Spiegel (25-OH-Vitamin-D3) geringer als bei gesunden Gleichaltrigen ausfiel. Andere Studien geben Grund zu der Annahme, dass bei betroffenen Kindern womöglich die Werte rund um Eisen, genauer gesagt das Serumeisen und das Ferritin, niedriger sind. Ebenfalls von Interesse sind die Omega-3-Werte. In der Vergangenheit brachten Forscher niedrige Spiegel langkettiger mehrfach ungesättigter Fettsäuren, darunter Omega-3-Fettsäuren, mit verschiedenen Verhaltensstörungen in Zusammenhang – auch bei ADHS scheint es eine Verbindung zu geben. Eine amerikanische Studie zeigt nämlich, dass bei Kindern mit ADHS der Anteil an Omega-3-Fettsäuren bedeutend niedriger als in der Kontrollgruppe war. Die Aufnahme gesättigter Fettsäuren war bei den kleinen ADHS-Patienten allerdings um 30 % höher.
Zusammenfassend legen die Studien nahe, dass folgende Werte bei Menschen mit ADHS möglicherweise geringer ausfallen:
- B-Vitamine (Vitamin B2, Vitamin B6 und Vitamin B9)
- Vitamin-D, auch als Sonnenvitamin bezeichnet
- Eisen
- Omega-3-Fettsäuren
Können Vitamine/Nährstoffe bei ADHS helfen?
In einer Studie festzustellen, dass eine Anzahl von Kindern mit ADHS häufiger als eine Gruppe gesunder Kinder Nährstoffdefizite hat, ist eine Sache. Viel spannender ist jedoch, ob eine Gabe der betreffenden „ADHS-Vitamine“ hilfreich ist. Auch dazu gibt es Studien.
- Omega-3-Fettsäuren: Eine Studie deutet darauf hin, dass Nahrungsergänzungsmittel bei ADHS mit Omega-3-Fettsäuren die sogenannten externalisierenden und internalisierenden Verhaltensprobleme reduzieren können. Das sind psychische Probleme, die nach innen (beispielsweise Angststörungen) und nach außen (beispielsweise Störungen des Sozialverhaltens) gerichtet sind. Weitere Untersuchungen liefern Hinweise darauf, dass sich die Konzentrationsfähigkeit, die Hyperaktivität und Impulsivität durch die Gabe von Omega-3-Fettsäuren verbessern können.
- Eisen: Während einer Untersuchung erhielten Kinder täglich ein Präparat mit Eisen über zwölf Wochen hinweg. Außerdem gab es eine Placebo-Gruppe, hier erhielten die Kinder ein Scheinmedikament. In der Eisengruppe reduzierten sich die für ADHS typischen Symptome signifikant, bei der Placebo-Gruppe nicht. An der Studie nahmen aber nur insgesamt 23 Kinder teil, was einer kleinen Studienpopulation entspricht.
- Vitamin D: Auch von dem Sonnenvitamin, das eigentlich eine Hormonvorstufe ist, konnten Kinder mit ADHS in Studien profitieren. Hier verbesserten sich die Aufmerksamkeit, die Hyperaktivität und die Impulsivität – ernstzunehmende Nebenwirkungen entstanden während der Einnahme nicht.
Gut zu wissen!
Nur ein Erklärungsversuch für den möglichen Erfolg ist, dass beispielsweise der Hyperaktivität ein Serotonin-Mangel zugrunde liegt. Sowohl ausgewählte Omega-3-Fettsäuren als auch Vitamin D können den körpereigenen Umgang mit Serotonin positiv beeinflussen.
Wie sieht die richtige ADHS-Ernährung aus?
Vitamine und Nährstoffe bei ADHS sind wichtig für eine gesunde Ernährung – das gilt für Kinder mit der Verhaltensstörung ebenso wie für alle anderen Kinder. Daher sind frisches Obst und Gemüse die wichtigsten Player auf Eurem Speiseplan. Schon lange diskutieren Mediziner darüber, ob bestimmte Lebensmittel die Symptome bei ADHS verstärken können. Im Verdacht stehen beispielsweise Zusatzstoffe in Lebensmitteln wie Natriumbenzoat oder verschiedene Azofarbstoffe. Eine individualisierte Ernährung, mit der Du auf die Bedürfnisse Deines Kindes eingehst, könnte hilfreich sein. Dafür beherzigst Du folgende Schritte:
- Schließe Lebensmittel oder Lebensmittelbestandteile aus, die womöglich ADHS-Symptome begünstigen – dabei kann Dir die sogenannte Oligoantigene Diät helfen. Hier verzichtest Du auf verdächtige Lebensmittel wie Kuhmilch (-Produkte), Ei, Fisch, Soja, Nüsse und Zusatzstoffe. Nach und nach schleichst Du die Lebensmittel wieder ein und beobachtest das Wohlbefinden Deines Kindes.
- Ergänze die ausgewogene Ernährung mit ausgewählten Vitaminen/Nährstoffen bei ADHS. Unser for you multi kakao kids stellt viele Nährstoffe bereit, darunter Eisen und B-Vitamine. Mit dem for you vitamin A, E, D3 & K2 kids flüssig nimmt Dein Kind unter anderem Vitamin D auf. Du möchtest vor der Supplementierung feststellen, ob Dein Kind womöglich unterversorgt ist? Gerne stellen wir Dir unsere Selbsttests zur Verfügung – wie wäre es beispielsweise mit unserem for you vitamin D-test kids - Bluttest für zuhause?
- Bei Deinem Kinderarzt kannst Du eine Testung auf individuelle Nahrungsmittelunverträglichkeiten anregen. So kannst Du zukünftig besser symptomverstärkende Lebensmittel aussortieren.
Eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung kann den Alltag zu einer Herausforderung machen – das wissen betroffene Eltern am besten. Mit einer möglichst naturbelassenen und nährstoffreichen ADHS-Ernährung können die Beschwerden womöglich gelindert werden. Studien weisen außerdem darauf hin, dass insbesondere Nahrungsergänzungsmittel bei ADHS mit Omega-3 und Vitamin D zu Veränderungen führen können.
Quellen & zum Weiterlesen
Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom (bundesgesundheitsministerium.de)
Was kann Kindern und Jugendlichen mit ADHS helfen? (gesundheitsinformation.de)
ADHS: Was ist das? - ADHS-Info
Den Alltag mit ADHS bewältigen: Infos für Eltern (gesundheitsinformation.de)
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ADHS und Ernährung: Die oligoantigene Diät bei Kindern - UGB-Gesundheitsberatung
Ernährung bei ADHS: Kann die Nahrung bei Symptomen helfen? (adhs-kompakt.de)